WIE ERLEBEN SIE DIESE BESONDERE ZEIT UND WIE HABEN SIE DIESE FÜR SICH UND IHRE MITARBEITER GESTALTET?
Carl Schlier: Ich glaube, dass jedes Unternehmen in dieser Situation erst einmal in einer Schockstarre war. Gefolgt von in einer emotionalen Phase, in der es darum geht, Wut, Emotionen und Ungläubigkeit zu sortieren.
Man muss versuchen, möglichst schnell durchzukommen, um dann in die nächste Phase zu gelangen, in der man sich die richtigen Fragen stellen sollte.
Die falsche Frage wäre: „Wie können die da oben das mit uns unten tun?“
Die richtige Frage ist: „Was können wir aus eigenen Mitteln verändern und welche Dinge kann der Unternehmer mit seinem Team selbst anpacken?“
Auch wir haben uns diese Frage gestellt und daraufhin haben wir sensationelle Dinge erfahren dürfen. Wir haben einen unglaublichen Zuspruch von unseren Kunden erhalten. Sie haben uns kontaktiert - E-Mails, Telefonanrufe, Briefe mit der Botschaft: „Bitte haltet durch. Wir wollen, dass der Schlier erhalten bleibt!“. Das Gleiche kam von Mitarbeitern, die mich persönlich angesprochen haben und mir ihre Hilfe angeboten haben. Es ging sogar soweit, dass Mitarbeiter auf die Gehaltsaufstockung während der Kurzarbeit verzichten wollten: „Wir möchten gerne, dass unser Arbeitsplatz erhalten bleibt! Das ist uns wichtiger, als dass der Chef das Kurzarbeitergeld aufstockt.“. Das waren Dinge, die mich persönlich sehr berührt haben.
Ich stehe sehr eng in Kontakt mit meinen Mitarbeitern, die in zwei Gruppen geteilt wurden: Die einen, die in ausgedünnter Form gearbeitet haben. Die anderen, sehr viele unserer Mitarbeiter, die Zuhause in Kurzarbeit waren.
Mit allen Mitarbeitern habe ich intensiv Kontakt gehalten. Egal ob über WhatsApp, E-Mails, Videos – ich bin sogar mit Videokamera durch unser Haus gelaufen, damit die Mitarbeiter die Kunden sehen, die hier sind und dass es ihren Arbeitsplatz noch gibt. Ich glaube, dass dieses „Kontakthalten“ in einer Zeit, in der man keinen Kontakt haben darf, extrem wichtig ist.
WELCHE CHANCEN HABEN SICH ERGEBEN? WAS WOLLEN SIE BEIBEHALTEN?
Carl Schlier: Die Corona Krise hat dazu geführt, dass ich mit meinem Team das ganze Unternehmen völlig auf den Kopf gestellt habe. Das hat auch etwas schönes. Der Chef lernt wieder einmal seine eigene Firma kennen und zwar wirklich von unten bis oben. Wir haben jede Kostenposition auf den Prüfstand gestellt. Corona hat ein bisschen dazu beigetragen, dass wir alte Zöpfe abschneiden konnten. Das ist sehr zum Leidwesen mancher Geschäftspartner geschehen, allerdings muss man in einer Krise auch unangenehme Entscheidungen treffen. Und erstaunlich ist es, dass sich unangenehme Entscheidungen am Ende bewähren. Aber unsere Welt hat sich auch verändert. Wir haben wesentlich weniger Geschäftsreisen gemacht. Man merkt, dass man sich nicht immer persönlich treffen muss sondern, dass durch Videokonferenzen sehr viel möglich ist. Und viele von diesen Dingen, die jetzt eingeführt wurden, werden wir vermutlich auch beibehalten.
INWIEFERN HAT DIE DIGITALISIERUNG SIE IN DIESER ZEIT UNTERSTÜTZT?
Carl Schlier: Die Krise war definitiv ein Brandbeschleuniger. Es gibt Dinge, die ich schon ein oder zwei Jahre vor mir hergeschoben habe, die jetzt einfach umgesetzt werden mussten – und das innerhalb weniger Monate, beispielsweise unser Onlineshop. Aber auch die gesamte Digitalisierung unseres Büros und der Verwaltung. Wir hätten wahrscheinlich ohne den enormen Druck, nie in dieser Schnelligkeit und Gründlichkeit die Digitalisierung in die Verwaltung gebracht oder ein papierloses Büro erschaffen, wie das 2020 möglich war.
WIE HAT IHNEN DER CITY BLOG IN DIESER ZEIT GEHOLFEN?
Carl Schlier: Im Bereich Marketing hilft uns natürlich die Digitalisierung. Hier war und ist es so, dass der City Blog Würzburg ein wesentlicher Baustein unserer Digitalisierung war. Der Blog hat uns geholfen, weil wir eben auch Kunden mit Bloggern und Influencern erreichen konnten, die wir normalerweise nicht erreicht hätten.
WAS WÜRDEN SIE ANDEREN UNTERNEHMEN IM LOKALEN HANDEL RATEN ODER EMPFEHLEN?
Carl Schlier: Es gibt nur einen einzigen Punkt, der in dieser Krise am Anfang stand: Sicherung der Liquidität. Man muss den Blick aufs Bankkonto werfen und sich dann die Fragen stellen: „Schaffen wir das aus eigenen Mitteln oder brauchen wir fremde Hilfe?“. Die Finanzen hart analysieren und sich, falls nötig, um Hilfe bemühen – denn alle Maßnahmen nützen nichts, wenn die Liquidität nicht gegeben ist. Das ist die erste und wichtigste Frage, die man sich stellen muss.
Zudem sollte man sich immer wieder selbst fragen: „Was können wir mit eigenen Mitteln an der Situation ändern?“. Man darf sich nicht zu lange mit den Dingen beschäftigen, die man selbst nicht ändern kann. Einfach mal sein Team mit ins Boot holen und die Mitarbeiter machen lassen, denn so entstehen viele tolle Ideen. Und diese gilt es, ein bisschen nach dem Motto „trial and error“, umzusetzen.
Wir haben gelernt, dass viele Fragen nicht zum Ziel führt. Einfach machen! Aus dem Bauch heraus. Versuchen, die richtige Entscheidung zu treffen. Und in der Regel liegt man zu 80 Prozent richtig und zu 20 Prozent falsch. Dann kann man entscheiden: die 80 Prozent behalten wir bei, bei den 20 Prozent bessern wir nach oder treffen neue Entscheidungen. Damit müsste jedes Unternehmen ganz gut durch die Krise kommen.